Wie lernen wir uns selbst zu behindern?

Wodurch entstehen eigentlich gesundheitsschädliche Gewohnheiten die uns daran hindern unser volles Potential als Erwachsene zu entfalten? Ich stelle mir das sehr bildlich vor, wie diese Verhaltensmuster sich von frühester Kindheit an einprägen.

Der Maxi und die Clara sitzen nebeneinander in der Klasse und lernen schreiben. Der Maxi hat eigentlich Freude am Lernen. Geschwindigkeit und schneller Erfolg sind noch keine Faktoren durch die er sein eigenes Schaffen beurteilt. Er hat ein natürliches Interesse am Lernen und er muss sich nicht unter Druck setzen um diese neue Tätigkeit zu erkunden. Er hält seinen Stift locker in der Hand, bewegt sich vielleicht während dem Schreiben, steht ab und zu auf und experimentiert herum. Manchmal entstehen vielleicht dabei buchstabenähnliche Formen.

Der Lehrer kommt und meint: „Du Maxi, dass ist aber jetzt nicht was wir hier machen sollen! Schau du musst das so machen wir die Clara.“  Die Clara sitzt eigesunken auf ihrem Stuhl vor ihrem Blatt. Sie ist über ihren Stift gebeugt mit viel Spannung in der Hand, gerunzelter Stirn und schreibt Buchstaben in ihr Heft. Der Lehrer meint: „Siehst du Maxi, so kann das aussehen, wenn man sich konzentriert und bemüht. Clara, das ist sehr gut!“

Beide Kinder bekommen eine Botschaft. Der Maxi bekommt die Botschaft: „ Das was ich beim Schreiben mit mir mache hat keine Bedeutung – wichtig ist einzig und alleine das Resultat. Das was Clara macht, dass hat anscheinend einen sehr hohen Wert, und es spielt keine Rolle wie sie sich dabei fühlt, wie sie während dessen mit sich umgeht.“

Die Clara lernt auch sehr schnell, dieses Gefühl der Anspannung, des Drucks – das fälschlicher Weise mit Konzentration assoziiert wird – mit etwas Positivem zu verknüpfen. „Wenn ich etwas richtig machen möchte, dann brauche ich diese Spannung, dann brauche ich diesen Stress, diesen Druck. Denn sonst kommt ja nichts Gescheites dabei raus; das sieht man ja beim Maxi.“

F.M. Alexander nennt diese Verhaltensweise Zielfixiertheit. Wir vergessen im Zuge des Gefechts die Mittel, die uns dabei helfen das Ziel so zu erreichen, dass wir uns auf dem Weg dort hin nicht schaden und es mit dem geringsten Energieaufwand bestmöglich erreichen.

All diese Muster lernen wir schon in frühester Kindheit und natürlich nicht nur in der Schule. Wir kopieren unsere sozialen Kontakte, unser ganzes Umfeld und lernen von den Reaktionen auf unser tun. Es bilden sich Gehirnbahnen die mit unserer körperlichen Wahrnehmung und Steuerung verknüpft sind; im wahrsten Sinne des Wortes Haltungen, Verhaltensmuster oder einfach Gewohnheiten.

Wenn der Maxi die Freiheit und Zeit hätte, so schreiben zu lernen, dass seine Handgelenke frei von Spannung sein könnten, dass er beim Sitzen in Balance wäre, dass er seine Schultern nicht dabei hochziehen müsste, dass er dabei seine Stirn nicht runzeln müsste, würde er mit viel mehr Leichtigkeit schreiben lernen. Vielleicht würde es länger dauern bis das erste sichtbare Resultat sich zeigen würde, aber es wäre genau die Zeit die er für diesen Prozess brauchen würde, und auf eine längere Sicht wäre das Resultat voraussichtlich zufriedenstellender. Vor allem würde er dabei lernen, dass es nicht nötig ist sich selbst durch Druck und Stress zu behindern um etwas Neuen zu lernen oder ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Diese erlernten Haltungen begleiten uns überall hin. Sie bilden das Repertoire mit dem wir auf jede Situation reagieren.