Fährst du mit angezogener Handbremse Durchs Leben?

Ich finde Vergleiche mit Maschinen oft schwierig, weil sie in manchen Punkten hinken. Nichts desto Trotz sind diese Metaphern manchmal recht gut, um einen bestimmten Aspekt zu verdeutlichen. Stellen wir uns einen Autofahrer vor, der mit angezogener Handbremse unterwegs ist. Die ganze Zeit… tagein tagaus.

Bald wird es in dem Auto recht unangenehm nach verschmorter Bremse riechen. Das Auto wird nicht seine optimale Leistung bringen; es wird immer ein wenig ausgebremst sein und es werden mit der Zeit Abnützungserscheinungen auftreten.

Wahrscheinlich werden sich die Bremsscheiben und die Bremsklötze recht rasch abnützen. Früher oder später wird es zu einer Fehlfunktion kommen und die Bremsen werden vielleicht gar nicht mehr funktionieren. Der Fahrer muss schlussendlich in die Werkstatt, um das Auto zu reparieren.

Der Fahrer besucht also seine Werkstatt und sagt zum Mechaniker: „Mein Auto hat ein Problem! Die Bremsen sind defekt.“ Der Mechaniker wird das Bremssystem austauschen, alles überprüfen und dann sagen: „So, das Auto ist jetzt repariert und sie können wieder ohne Probleme losfahren!“ Und tatsächlich, alles scheint wieder in Ordnung zu sein, denn die Funktion der Bremsen ist wieder hergestellt. Aber, so lange man weiter mit angezogener Handbremse unterwegs ist, werden diese Abnützungserscheinungen immer wieder auftreten.

Man sieht recht rasch wo dieses Bild hinkt. Wir sind nicht so wie ein Auto und können einfach diverse Teile nach belieben bei uns austauschen. Wir sind auch nicht wirklich getrennt, losgelöst von unserem Körper, so wie der Fahrer vom Auto einfach aussteigen kann. Trotzdem verdeutlich dieses Bild ein paar wichtige Zusammenhänge recht deutlich.

Das Symptom, das sind die defekten Bremsen. Sie sind der Teil der die Schmerzen verursacht, das was uns in erster Linie zu schaffen macht. Abnützungserscheinungen im Kniegelenk, eine Entzündung im Bereich der Schulter, ein steifer, verspannter Nacken, Migräne, Kopfschmerzen oder Schlafstörungen.

Die Ursache für diese Symptome ist aber die angezogene Handbremse. Sie ist ein Sinnbild für die Art und Weise wie diese Person im Alltag mit sich umgeht. Es ist die Art wie diese Person geht, wie sie steht, die Spannung die sie aufbaut wenn sie unter Stress kommt, die Art wie sie auf die unterschiedlichen Anforderungen des Alltags reagiert – übermäßige Spannung in der Wirbelsäule, ein komprimierter Brustkorb und eine flache Atmung, ein nach-hinten-drücken der Knie und fixieren der Fußgelenke – das alles sind mögliche Ursachen, Gesamtmuster die sich durch den ganzen Organismus ziehen und uns überall hin begleiten. Bei manchen Tätigkeiten werden diese Muster besonders stark auftreten. Vielleicht bei der Arbeit vor dem Computer oder bei einer bestimmten sportlichen Aktivität. Manchmal wiederum sind die Muster kaum zu bemerken. Sie sind aber immer da und üben eine konstante Belastung auf den Organismus aus.

Man möchte am liebsten zu Mechaniker laufen, um die Symptome zu beheben. Der Mechaniker sagt vielleicht: „Ja, da muss man wohl die Bremsscheiben und die Bremsklötze austauschen.“ Vielleicht kriegt man eine manuelle Therapie, oder ein Medikament verordnet oder es steht sogar eine Operation an. Vielleicht macht man Sport und stärkt die Muskulatur in der betroffenen Region. Und das alles ist gut und macht durchaus Sinn – es ist sogar wichtig die auftretenden Symptome rasch zu behandeln, den Schmerz zu lindern, eine übermäßige Abnutzung zu vermeiden. Tatsächlich ist das aber nur ein Teil der Geschichte – nur der erste Schritt zur Genesung.

Die eigentliche Ursache, dass man ständig mit angezogener Handbremse fährt, die bleibt unberührt und es ist absehbar, dass nach einer gewissen Zeit das Problem wieder auftauchen wird. So lange nicht an der eigentlichen Ursache gearbeitet wird, kann keine nachhaltige Veränderung eintreten.